Private Krankenversicherungen haben einen schlechten Ruf *

In unserem Finanzblog haben wir bereits oft über Möglichkeiten berichtet, wie man sein Kapital vermehren kann. In diesem Zusammenhang denkt man beim Begriff Kapital wohl automatisch an Geld oder zumindest finanzielles Vermögen. Dabei wird oft vergessen, dass der Begriff des Kapitals im weiteren Sinne auch Aspekte wie beispielsweise Bildung oder soziale Kontakte umfassen kann. Aus meiner Sicht ist jedoch neben den eigentlichen Finanzen die Gesundheit unser größtes Kapital. Dabei erinnere ich mich gerne an meine Kindheit zurück. Da haben meine Großeltern mir zum Geburtstag immer „viel Gesundheit“ gewünscht. Als 10-jähriger weiß man diesen Wunsch und dessen weitreichende Bedeutung möglicherweise noch nicht so ganz zu schätzen – vielmehr hofft man da auf eine Playstation oder anderes Spielzeug. Umso älter wir jedoch werden, desto bewusster wird uns, dass es nicht viele Dinge gibt, die wichtiger als die Gesundheit sind. Allzu oft bemerken wir das aber erst, wenn die Gesundheit schon in Mitleidenschaft gezogen wurde. In dem heutigen Blogartikel möchten wir euch daher dazu anregen, die eigene Gesundheit einmal aus der Perspektive des Investors zu betrachten.

Was hat Gesundheit mit finanzieller Freiheit zu tun?

Wer finanzielle Freiheit erlangen will, der muss nicht zwangsläufig super fit sein. Wer allerdings gesundheitlich allzu stark beeinträchtigt ist, dem wird es unter Umständen nicht ohne weiteres möglich sein, seine persönlichen Ziele zu verfolgen. Ist man beispielsweise nicht arbeitsfähig, wird es einem schwer fallen, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Fehlt der Job, ist oft auch kein Geld für Investitionen vorhanden. Ein finanzieller Teufelskreis… Manchmal können selbst kleinere gesundheitliche Einschränkungen schon bemerkenswerte finanzielle Konsequenzen haben. Wird beispielsweise Zahnersatz benötigt, kann dies mit erheblichen Kosten verbunden sein, die den Traum von der finanziellen Freiheit wieder etwas weiter in die Ferne rücken lassen. Die Kunst besteht also darin, einen individuell angemessenen Mittelweg zu finden. Verbringt man den ganzen Tag im Fitnessstudio und ernährt sich von teuren Nahrungsergänzungsmitteln fehlen Zeit und Geld für Investitionen. Lässt man sich zu sehr gehen (z.B. Alkohol, Tabak, ungesunde Ernährung), ist ebenfalls mit erhöhten Kosten und gegebenenfalls mit gesundheitlichen Nachteilen zu rechnen. Fakt ist also, dass die Gesundheit sehr wichtig ist! Was macht der rationale Investor mit Dingen, die ihm wichtig sind? Richtig. Er versichert sie…

Wer würde keine Versicherung abschließen, dessen Leistungen er auf jeden Fall irgendwann einmal benötigen wird?

In vielen Industrienationen kommt man schon (ob man will oder nicht) in den Genuss einer Krankenversicherung. Der Staat verpflichtet uns also gewissermaßen, dass wir uns gegen das Krankheitsrisiko absichern. Grundsätzlich gibt es dabei drei wesentliche Ansätze:

  1. Das Gesundheitswesen wird durch Steuern finanziert (z.B. Großbritannien, Dänemark, Schweden, Norwegen)
  2. Das Gesundheitswesen wird durch (Pflicht-)Beiträge finanziert (z.B. Deutschland, Österreich, Schweiz, Niederlande, Belgien)
  3. Das Gesundheitswesen ist größtenteils privat finanziert (z.B. USA)

Auch wenn der Staat an dieser Stelle etwas „Gutes“ für uns tut, so sollten wir nicht davon ausgehen, dass es dafür ausschließlich uneigennützige Motive gibt. Vater Staat hat natürlich ein großes Interesse daran, seine fleißigen Arbeiter bei möglichst guter Gesundheit zu halten. Wer in körperlich guter Verfassung ist, der kann grundsätzlich auch arbeiten gehen und somit Steuern zahlen. Außerdem fallen dann aus der Perspektive des Staates weniger Kosten für Sozialleistungen an. Dennoch handelt es sich bei der Krankenversicherung um eine gute Sache, denn (Achtung: Spoileralarm!) wir werden alle irgendwann einmal ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Für den rationalen Investor gibt es eigentlich keine bessere Ausgangslage, als zu wissen, dass früher oder später definitiv eine Versicherungsleistung in Anspruch genommen wird. Wenn wir bei allen Versicherungen schon wüssten, ob in Zukunft die Versicherungsleistungen in Anspruch genommen werden oder nicht, dann könnten wir eine Menge Geld sparen.

Alle Menschen sind gleich, aber einige sind „gleicher“ 😉

Bis hierhin wissen wir also, dass die Gesundheit eines unserer wertvollsten Güter ist, wir gesetzlich dazu verpflichtet sind, eine Krankenversicherung abzuschließen und auch dass früher oder später einmal ein Versicherungsfall eintreten wird. Das heißt, dass wir auf jeden Fall eine Krankenversicherung benötigen – ob wir nun wollen oder nicht (zumindest hierzulande)! In Deutschland ergibt sich zudem eine weitere Besonderheit, die sehr häufig kontrovers diskutiert wird. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung, die im Grunde genommen für die Versorgung der Gesamtbevölkerung verantwortlich ist, gibt es auch private Versicherungsgesellschaften. Private Versicherungsgesellschaften bieten dabei häufig bessere Leistungen an (z.B. bevorzugte Terminvergabe beim Facharzt, besseres Zimmer im Krankenhaus, höhere Zuschüsse für Zahnersatz). Allerdings wird nur einer verhältnismäßig kleinen Gruppe der Zugang zur privaten Krankenversicherung gewährt. Das Problem sind an dieser Stelle nicht etwa die privaten Versicherungen, die keine weiteren Patienten aufnehmen wollen, sondern vielmehr der Staat, der es vielen Menschen einfach verbietet, sich privat zu versichern. Das „Privileg“ sich privat versichern zu dürfen, steht nämlich in der Regel nur Staatsbediensteten (also Beamten) oder Personen mit einem hohen Einkommen zur Verfügung. Wer kein Beamter ist, sondern einen gewöhnlichen Job hat, der braucht ein regelmäßiges jährliches Bruttoeinkommen von aktuell 60.500€ (mehr als 5000€ pro Monat), um von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse befreit zu werden. Natürlich muss auch dieser Personenkreis krankenversichert sein, aber ihm steht es frei, ob er weiterhin Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung sein möchte oder ob er sich lieber privat versichern lassen will.

In Deutschland hat sich eine hausgemachte Zweiklassengesellschaft etabliert

Kritisiert wird an dem in Deutschland vorherrschendem System oft, dass so eine Art „Zweiklassengesellschaft“ in der Gesundheitsversorgung geschaffen wird, in dem Reiche Menschen die besseren Leistungen erhalten. Zugegebenermaßen ist dieses Argument nicht ganz von der Hand zu weisen. Dennoch sei an dieser Stelle erwähnt, dass die gesetzliche Krankenversicherung durchaus ihre Daseinsberechtigung hat, da sie auch Menschen versichert, die unter normalen Umständen Schwierigkeiten hätten, sich einen Versicherungsschutz leisten zu können. Die gesetzliche Krankenversicherung interessiert es nämlich nicht, ob der Versicherte Vorerkrankungen hat oder ob er einen ungesunden Lebensstil führt. Die Beiträge sind für die meisten Arbeitnehmer gleich und betragen 14,6% des Bruttolohns. Glücklicherweise beteiligt sich auch der Arbeitgeber an ca. der Hälfte der anfallenden Kosten. Das nennt sich dann „Paritätsprinzip“. Wer kein Geld hat (z.B. auf Grund von Erwerbslosigkeit; Kinder), dem können sogar die Beiträge erlassen werden. Hier zeigt sich der soziale Gedanke. Die Gemeinschaft kümmert sich um den Einzelnen. Ganz anders läuft es bei den privaten Krankenversicherungen. Wer sich die Beiträge nicht mehr leisten kann, der riskiert seinen Versicherungsschutz. Außerdem prüfen die privaten Versicherungsgesellschaften ganz genau, wen sie versichern. Liegt beispielsweise eine chronische Erkrankung wie Diabetes vor, wird die Versicherung wahrscheinlich einen höheren Beitrag verlangen, als bei einem gesunden Menschen. Im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenversicherungen, müssen private Versicherungen nämlich so wirtschaften, dass sie zumindest kostendeckend arbeiten. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungen würde notfalls der Staat einspringen, um finanzielle Defizite aufzufangen.

Die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen

Das Gesundheitssystem in Deutschland – welches grundsätzlich sehr gut ist – führt also stellenweise auch zu Ungerechtigkeiten. Wer in Deutschland ein gut verdienender, gesunder Arbeitnehmer ist und trotzdem Mitglied in der gesetzlichen Versicherung bleibt, der finanziert gleichzeitig die Versicherungsbeiträge von Geringverdienern und erhält dennoch nur die gesetzlich festgeschriebenen Leistungen. Wendet man eine gesamtgesellschaftliche Perspektive an, dann ist das sozial gerecht. Der wirtschaftlich Stärkere unterstützt den Schwächeren, sodass es unterm Strich allen Menschen gut geht. Leider ist der Staat an dieser Stelle aber nicht zu 100% linientreu und öffnet den gesunden, wohlhabenden Menschen eine Hintertür. Wer diese Hintertür nutzt, der erhält eine bessere Gesundheitsversorgung und das oft sogar zu günstigeren Preisen (!) Das führt in letzter Konsequenz dazu, dass diejenigen Mitglieder, die die gesetzliche Versicherung dringend bräuchte (also die gesunden und wohlhabenden) vermehrt in die private Krankenversicherung abwandern. In der gesetzlichen Versicherung bleiben dann tendenziell die kränkeren und ärmeren Menschen zurück. Dadurch erhöhen sich für die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten, bei sinkenden Einnahmen. Langfristig führt das dazu, dass immer weniger Geld zur Verfügung steht und die gesetzlichen Versicherungsleistungen weiter reduziert werden. In der Ökonomie nennt man dieses Phänomen „negative adverse Selektion“.

Wir ändern nichts, aber vielleicht merkt’s ja keiner…

In der Politik gab es zuletzt immer wieder Diskussionen, die das aktuelle Gesundheitssystem kritisch hinterfragen und gleichzeitig die Einführung einer Bürgerversicherung (gesetzliche Krankenversicherung für alle Bürger & Abschaffung der privaten Krankenversicherung) fordern. Persönlich denke ich aber, dass auf absehbare Zeit keine Änderung des Systems erfolgen wird. Die Versicherungswirtschaft hat dafür wohl eine zu starke Lobby. Was wird also stattdessen getan? Man versucht den Bürgern die gesetzliche Krankenversicherung schmackhaft zu machen und warnt sogar vor der privaten Krankenversicherung. Vielleicht habt ihr auch schon einmal eines der folgenden Vorurteile über die private Krankenversicherung gehört:

  • Ich kann mir keine private Krankenversicherung leisten
  • Die private Krankenversicherung wird im Alter richtig teuer
  • Wenn es drauf ankommt, dann zahlt die private Versicherung häufig nicht
  • Man kommt nie wieder aus der privaten Krankenversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung zurück
  • Wenn man Kinder hat, dann lohnt sich die private Krankenversicherung nicht

Wer sich aber intensiver mit der privaten Krankenversicherung beschäftigt, der wird feststellen, dass die meisten dieser Vorurteile ziemlich leicht zu entkräften sind. In vielen Fällen würden Menschen in der privaten Krankenversicherung deutlich geringere Beiträge zahlen und eine viel bessere Versorgung erhalten. Am deutlichsten wird das bei zahnmedizinischen Behandlungen sichtbar. Während viele private Krankenversicherungen die Kosten für Prophylaxe (z.B. professionelle Zahnreinigung) und auch hochwertigem Zahnersatz (z.B. Keramikkronen oder Implantate) übernehmen, muss der gesetzlich Versicherte mit hohen Zuzahlungen rechnen. Im Extremfall kann das dazu führen, dass für den betroffenen Patienten entweder eine finanzielle Notsituation entsteht oder ein Mangel an Lebensqualität hingenommen werden muss.

Fazit: Wer die Möglichkeit hat, der sollte sich zumindest über die private Krankenversicherung informieren

Unsere Gesundheit ist unser größtes Kapital. Wer bei schlechter Gesundheit ist, dem wird es tendenziell schwerer fallen, seinen Weg in die finanzielle Unabhängigkeit zu finden. Glücklicherweise kann man seine Gesundheit versichern, was aus ökonomischer Sicht sehr rational erscheint, denn früher oder später wird jeder Mensch einmal ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen. Auch der deutsche Staat hat die Bedeutung eines gut funktionierenden Gesundheitssystems erkannt und daher die Krankenversicherung zur Pflichtversicherung erklärt. In Deutschland besitzt also prinzipiell jeder Mensch Zugang zu medizinischer Versorgung. Der Nachteil ist, dass die staatliche Gesundheitsversorgung zunehmend teurer wird, bei immer schlechter werdenden Leistungen (z.B. Zahnersatz). Gutverdiener nutzen daher häufig ihr Privileg des Wahlrechts und entscheiden sich für die private Krankenversicherung, die oft billiger ist und bessere Gesundheitsleistungen verspricht. Um zu verhindern, dass immer mehr Menschen in die private Versicherung wechseln und die Unzufriedenheit in der breiten Bevölkerung steigt, werden daher fadenscheinige Gründe gefunden, die einen Verbleib in der gesetzlichen Versicherung attraktiv und die private Krankenversicherung als zu risikoreich erscheinen lassen sollen. Die Thematik ist allerdings viel zu komplex, als dass hier allgemeingültige Aussagen getroffen werden können. Wer mehr als 60.500€ im Jahr verdient, dem empfehle ich dringend, sich unabhängig und kostenlos von einem Experten beraten zu lassen. Im Internet gibt es dafür zahlreiche Vergleiche.

 



 


Zahnzusatzversicherung

2 Gedanken zu „Private Krankenversicherungen haben einen schlechten Ruf *

  1. Vera Antworten

    Es ist halt so, dass Menschen im gesunden Alter keine Probleme mit er PKV befürchten müssen. Doch wehe man alt wird und wirklich Leistungen braucht….das muss die PKV einfach mal ändern.

    • Raphael Stange Antworten

      Hallo Vera,

      danke für deinen Kommentar. Hast du denn schon einmal negative Erfahrungen gemacht mit der privaten Krankenversicherung?

      LG

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