„Nur als Model oder Prostituierte verdienst du als Frau mehr als ein Mann“ – Was ist dran an dieser Aussage? *

Keira Knightley ist eine sehr erfolgreiche Britische Schauspielerin. Einem breiten Publikum dürfte sie spätestens durch ihre Rolle der „Elizabeth Swann“ in der beliebten „Fluch der Karibik“ Filmreihe bekannt sein. Dabei ist Keira Knightley keineswegs eine Eintagsfliege, sondern hat über Jahre hinweg an weiteren erfolgreichen Hollywoodproduktionen mitgewirkt. Besonders deutlich wird das, wenn man sich ihre Gagen anschaut, denn da spielt sie definitiv in der ersten Liga! Allein zwischen Juni 2007 und Juni 2008 hat sie sagenhafte 32 Millionen US Dollar eingestrichen und wurde damit nur von Cameron Diaz (50 Millionen US Dollar) übertroffen. Anlässlich ihres neuesten Films „Die Misswahl – Der Beginn einer Revolution“, in dem sie eine Feministin spielt, hat sie der „Bild am Sonntag“ ein interessantes Interview gegeben. Darin bemängelt sie die auch im Jahr 2020 noch immer vorherrschende Ungleichheit zwischen Mann und Frau. In diesem Zusammenhang fiel auch die folgende Aussage: Eine Frau verdiene „(…) auch im Jahr 2020 nur in zwei Berufen garantiert mehr als ein Mann – als Model oder als Prostituierte“. Für uns ist das Anlass genug, dieser Aussage auf den Grund zu gehen!

Was soll das Statement im Kern aussagen?

Wir nehmen an, dass Keira Knightley hier unterschwellig andeuten möchte, dass Männer und Frauen ungleich bezahlt werden. Es erscheint uns daher sinnvoll, einen Blick auf aktuelle Statistiken zum Thema „Gender Pay Gap“ in Deutschland zu werfen. Das Gender Pay Gap misst dabei den durchschnittlichen prozentualen Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen. Die in Abbildung 1 dargestellte Grafik gibt uns einen interessanten Überblick über die Entwicklung der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in Deutschland. Im Zeitraum von 2006 bis 2019 ist das Gender Pay Gap nur wenig gesunken. Betrugen die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen im Jahr 2006 im bundesdeutschen Durchschnitt 23%, so waren es im Jahr 2019 noch immer 20%. Weiterhin ist es sehr auffällig, dass es einen erheblichen Unterschied zwischen den alten und den neuen Bundesländern gibt. Allein im Jahr 2019 betrug das Gender Pay Gap im Westen Deutschlands 21%, während er im östlichen Teil der Republik lediglich bei 7% lag. Nun könnte man Vermutungen anstellen, wie der geografische Unterschied zu erklären sei (z.B. unterschiedliche Lebensmodelle/Rollenverteilung, Verteilung der Industrie in Deutschland, etc.). Es geht uns aber gar nicht darum, dass Ost-West-Gefälle zu erklären, sondern fest steht, dass es statistisch gesehen tatsächlich signifikante Gehaltsunterschiede gibt.

Abbildung 1: Gender Pay Gap in Deutschland; Quelle: Statista 2019

Ist die Branche entscheidend?

Neben dem Vorhandensein eines Gender Pay Gaps kann aus Keira Knightley’s Aussage auch gefolgert werden, dass es Unterschiede je Beruf geben kann. Daher haben wir auch hier die passende Statistik parat (Abbildung 2). In der Grafik wird deutlich, dass es in der Tat gravierende Unterschiede zwischen einzelnen Berufen gibt. In den hier aufgeführten Berufen ist es durchweg wahr, dass Frauen weniger verdienen, als ihre männlichen Kollegen. Zwar wurden die Daten bereits im Jahr 2014 erhoben, aber im vorherigen Absatz haben wir ja bereits gelernt, dass das Gender Pay Gap relativ konstant ist, daher nehmen wir an, dass die Daten aus 2014 noch immer repräsentativ sind. In der Berufsgruppe „Versicherungskaufmann/-frau“ beträgt der Unterschied satte 28%. Bei Fachinformatikern und Marketingfachkräften hingegen ist die Ungleichheit mit (nur) 6% relativ gering. Wir konnten also auch diesen Teil des Statements von Keira Knightley belegen.

Abbildung 2: Gender Pay Gap je Beruf; Quelle: Statista 2019

Modelbranche und Rotlichtmilieu als letzter Ausweg?

Zu guter Letzt müssen wir der Vollständigkeit halber natürlich auch hinterfragen, ob Frauen tatsächlich nur in den Berufen „Model“ oder „Prostituierte“ mehr Geld verdienen, als Männer. Fangen wir mit den Models an. In Abbildung 3 sehen wir eine Übersicht der 10 am besten bezahlten Models der Welt aus dem Jahr 2018. Auch hier können wir davon ausgehen, dass die Daten im Jahr 2020 durchaus noch verwendet werden können. Erfasst wurden dabei Einkünfte aus Tätigkeiten wie z.B. Modeschauen, Fotoshootings, Kosmetik-, Parfum- oder andere Werbeverträge. Bemerkenswert ist, dass wir in den Top 10 ausschließlich Frauen finden. An der Spitze rangiert Kendall Jenner mit einem geschätzten Einkommen von 22,5 Millionen US Dollar. An letzter Stelle steht Doutzen Kroes mit immerhin noch 8 Millionen US Dollar Einkommen. Zugegebenermaßen ist es bei einer derartig kleinen Stichprobengröße nicht möglich, eine wissenschaftlich valide Aussage zu treffen, aber vieles deutet darauf hin, dass weibliche Models mehr Geld verdienen, als männliche Models.

Abbildung 3: Einkommen der 10 weltweit erfolgreichsten Models; Quelle: Statista 2018

Geld als größter Anreiz für Prostitution

Kommen wir nun zu den Prostituierten. Die Datenerhebung ist hier naturgemäß etwas schwieriger und Raphael hat sich leider nicht zu einer entsprechenden Feldstudie bereit erklärt 😉 Obwohl Sexarbeit in Deutschland mittlerweile legal betrieben werden kann, wird sie häufig auch als Nebenberuf ausgeübt. Schon allein deswegen ist es schwer, verlässliche Zahlen zu bekommen. Die Schätzungen über die Anzahl der in Deutschland aktiven Sexarbeiter reichen daher von 50.000 bis 400.00. Der Großteil von ihnen ist weiblich. Auch wenn wir das genaue Einkommen nicht kennen, dann können wir zumindest die Motivation für die Sexarbeit analysieren. In Abbildung 4 sind die am häufigsten genannten Gründe für den Einstieg in die Prostitution aufgeführt. Die Daten stammen dabei aus der Schweiz im Jahr 2014. Einige der dort aufgelisteten Gründe sind eher unspezifisch, wie z.B. „weiß nicht“, andere sind auch durchaus tragisch wie z.B. „Sie würden sonst gar keine Arbeit finden“ oder „Freund/Ehemann“. Die Mehrzahl der genannten Gründe deutet jedoch darauf hin, dass der Beruf der Prostituierten tatsächlich finanziell attraktiv zu sein scheint, z.B. „Verbesserung der Lebensumstände“, „Um einen besseren Lebensstandard zu erreichen“, „Sie würden eine andere Arbeit finden, aber keine so gut bezahlte“, „Schnell Geld verdienen“,…. Wir können also nicht genau sagen, was eine Prostituierte verdient, es scheint aber überdurchschnittlich viel zu sein. Zumindest können wir die Aussage von Keira Knightley an dieser Stelle nicht widerlegen.

Abbildung 4: Gründe für den Weg in die Prostitution; Quelle: Statista 2014

Fazit: Es gibt nach wie vor eine ungleiche Einkommensverteilung zwischen Männern und Frauen

Obwohl das Thema in den vergangenen Jahren schon ausgiebig in Politik und Wirtschaft diskutiert wurde, besteht auch im Jahr 2020 eine deutliche Ungleichheit zwischen den Einkommen beider Geschlechter. Nun könnte man darüber philosophieren, ob es vielleicht seit jeher so war, dass Frauen weniger verdienen, als Männer. Man könnte auch argumentieren, dass es vielleicht daran läge, dass Frauen oft auf Grund von Kinderbetreuung beruflichen Nachteilen ausgesetzt sind und beispielsweise nur in Teilzeit arbeiten oder weniger stringente Karrierepfade verfolgen können. Fest steht jedoch, dass dieses Gender Gap auch weiteren Einflüssen unterliegt. Das belegt zum einen die Tatsache, dass das Gender Gap im Osten Deutschlands nur ca. 7% beträgt, während es im Westen bei über 20% liegt. Auch die Berufswahl entscheidet darüber, wie „ungerecht“ die Bezahlung ausfällt. Keira Knightley hat ihre große Bekanntheit dazu genutzt, mit Hilfe einer provokanten Aussage, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Die beiden von ihr genannten Berufsgruppen, in denen Frauen besser bezahlt werden, sind entweder für die meisten nicht erreichbar (Model) oder gesellschaftlich stigmatisiert (Prostituierte). Das hat nicht unbedingt etwas mit Feminismus zu tun, sondern ist aus sozialer Sicht ein hochgradig relevantes Thema. Wenn Frauen im Schnitt weniger verdienen, dann werden sie im Alter auch eine geringere Rente erhalten. Ob die Politik auf diese Problematik die passende Antwort findet, bleibt abzuwarten. Ich persönlich kann, insbesondere Frauen, nur eindringlich dazu raten, sich rechtzeitig mit den eigenen Finanzen und der privaten Altersvorsorge zu beschäftigen. Aus meiner Sicht kann nur so das Risiko der Altersarmut verringert und die finanzielle Abhängigkeit begrenzt werden.

Ein Gedanke zu „„Nur als Model oder Prostituierte verdienst du als Frau mehr als ein Mann“ – Was ist dran an dieser Aussage? *

  1. Luigi Antworten

    Hey,
    Ich bin natürlich für gleiches Geld bei gleicher Arbeit.
    Aus meines Sicht darf sich jede Polizistin bei der nächsten Demo ganz vorne behaupten.
    Schliesslich bekommst Sie das gleiche gehalt.
    Es stellt sich nur die Frage ob sich alle Demonstranten bequatschen lassen oder ob die Mädels den Frack voll bekommen.

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