In früheren Beiträgen haben wir schon das Dilemma der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) diskutiert. Auf Grund des extrem niedrigen Leitzinses, sind Kredite im Moment sehr günstig zu haben. Eigentlich verfolgt die EZB in erster Linie das Ziel die Wirtschaft nach der großen Finanzkrise wieder anzukurbeln und Unternehmen dazu zu bewegen in Produktionsstätten, Maschinen, usw. zu investieren. Allerdings sind die günstigen Kredite natürlich nicht nur für diverse Unternehmen attraktiv, sondern auch für Privatanleger!
Wohin mit dem ganzen Geld?
Ganz normale Privatpersonen haben also zunehmend Zugang zu günstigen Krediten und sind in der Lage, Investitionen zu tätigen. Die Mutigen unter ihnen wagen sich an die Börse und versuchen ihr Glück in Aktieninvestments. Obwohl ich grundsätzlich ein großer Befürworter für Aktieninvestments und die Börse bin, rate ich allerdings eher ab von Spekulationen mit geliehenem Geld. Zwar sind beispielsweise mit Indexfonds (häufig auch ETFs) durchschnittlich 8% jährliche Rendite durchaus möglich, aber es kann selbstverständlich auch zu negativen Entwicklungen kommen. Insbesondere ungeduldige und unerfahrene Anleger sollten daher auf kreditfinanzierte Aktieninvestments verzichten. Da aber in Deutschland die Menschen der Börse gegenüber ohnehin sehr skeptisch gegenüber stehen (wir erinnern uns, dass nur ca. 14% der Deutschen Aktien besitzen), wird stattdessen häufig mit einer Immobilie geliebäugelt.
Also in eine Immobilie investieren?
Grundsätzlich können Immobilieninvestments sehr erfolgreich sein und uns ordentliche Renditen liefern. Der Teufel steckt allerdings – wie immer – im Detail! Wenn erst einmal die Entscheidung für eine Immobilie gefallen ist, dann bedeutet das für die große Mehrheit der Deutschen in erster Linie ein Eigenheim zu finanzieren. Eigentlich ist der Gedanke nicht schlecht. Wer ein eigenes Häuschen baut und vielleicht schon in jungen Jahren damit anfängt, der muss im Alter keine Miete mehr zahlen. Selbst während noch der Kredit abbezahlt wird, kann es auch durchaus Sinn machen in ein Eigenheim zu investieren, denn bei den niedrigen Zinsen entsprechen die Darlehensraten häufig in etwa der Miete, die man für eine entsprechende Wohnung zahlen würde. Bei genauerer Betrachtung liegt aber auch ein Hauch von Naivität in dieser Herangehensweise.
Ländliche Idylle vs. Arbeitslätze in der Stadt
Da die Grundstückspreise in vielen deutschen Metropolregionen inzwischen sehr teuer geworden sind, weichen viele Menschen in die ländlichen Regionen rund um die Großstädte aus. Das Leben auf dem Land kann sicher sehr angenehm sein und hat eine Reihe von Vorzügen gegenüber dem quirligen Stadtleben, aber es hat auch Nachteile. Die meisten Arbeitsplätze befinden sich eher in städtischen Gebieten, sodass die Eigenheimbesitzer oft pendeln müssen. Das ist wiederum mit Kosten und Zeitverlust verbunden. Auch die meisten Ärzte, kulturellen Einrichtungen, Sportvereine, usw. sind in den Städten anzutreffen. Das ist allerdings in der Regel kein Problem, solange man mobil ist. Im Alter wird es dann häufiger etwas schwieriger, insbesondere wenn die öffentlichen Verkehrsmittel nicht besonders gut ausgebaut sind. Dann entscheiden sich nicht wenige Eigenheimbesitzer zum Verkauf ihrer Immobilie und ziehen wieder in die Stadt.
Ist ein Eigenheim auf dem Land ein rationales Investment?
Bei der Entscheidung für oder gegen das Eigenheim spielen sicherlich viele verschiedene Faktoren (insbesondere auch emotionale!) eine große Rolle. In unserem Finanzblog möchten wir jedoch ganz nüchtern auf die finanziellen Aspekte achten. Wenn wir in ein Eigenheim investieren, dann wenden wir wahrscheinlich den Großteil unseres Eigenkapitals auf, um einen möglichst günstigen Kredit zu bekommen. Vorsichtig geschätzt wird ein kleines Häuschen auf dem Land mit Grundstück, Möbeln und Garten vielleicht um die 350.000€ kosten. Bei 20% Eigenkapital (70.000€) bedeutet das, dass noch 280.000€ fremdfinanziert werden müssen. Bei dem aktuellen Zinsniveau wäre das durchaus mit Raten von ca. 800€-900€ bei einer Laufzeit von 35 Jahren abzuleisten. Ob die Raten allerdings dauerhaft so günstig bleiben ist auch mehr als fraglich, denn in der Regel gilt die mit der Bank vereinbarte Höhe des Zinssatzes (Zinsbindung) nur für einige Jahre. Danach werden ein neuer Zinssatz und neue Raten vereinbart, die dem aktuellen Marktniveau entsprechen. Da wir uns aktuell im Zinstief befinden, ist davon auszugehen, dass die neuen Zinssätze / Raten deutlich oberhalb der anfänglich vereinbarten Werte liegen. So kann das Eigenheim – gerade für Geringverdiener – schnell zur Schuldenfalle werden.
Gibt es Alternativen für ein Immobilieninvestment?
Wir wissen nun, dass ein Eigenheim auch Nachteile mit sich bringen kann. Insbesondere muss man dabei bedenken, dass in der Regel nahezu das gesamte Eigenkapital in das Eigenheim investiert wird und dementsprechend nicht mehr für alternative Investments (wie z.B. Aktien) zur Verfügung steht. In der Finanzwelt nennt man das Opportunitätskosten. Häuslebauer können also häufig nicht mehr wirklich frei investieren und müssen sich letztendlich mit dem Wert ihrer Immobilie begnügen. Vielleicht wäre es alternativ eine Überlegung wert im Zinstief eine Immobilie (z.B. eine Eigentumswohnung) als Kapitalanlage zu erwerben. Im ersten Moment mag das vielleicht etwas unkonventionell klingen, aber bei genauerer Betrachtung ist es gar nicht weit hergeholt. Nehmen wir an, dass wir eine kleine Wohnung in einer etwas größeren Stadt erwerben wollen. Idealerweise gibt es in dieser Stadt eine gute Infrastruktur, Bevölkerungswachstum (oder zumindest Stabilität) und am besten noch eine Hochschule. Leider sind auf Grund der günstigen Kredite die Immobilienpreise in den letzten Jahren stark angestiegen, was es relativ schwierig macht einen wirklich guten Standort für einen vernünftigen Preis zu finden.
Rechnet sich das tatsächlich?
Nehmen wir nun der Einfachheit halber an, dass wir uns für Magdeburg entschieden hätten. Magdeburg ist eine relativ große Stadt mit ca. 230.000 Einwohnern, besitzt eine gute Infrastruktur, eine Universität und eine Hochschule. Wirtschaftlich lief es zuletzt auch wieder etwas besser. Die Wohnungspreise sind jedoch im bundesweiten Vergleich noch relativ human. Schon ab 1000€ pro Quadratmeter kann man eine sanierte Altbauwohnung erwerben. Wenn man sich nun auf Studenten als potenzielle Mieter spezialisiert, dann liegen Wohnungsgrößen von 35-60 Quadratmetern nahe. Da neben dem Kaufpreis noch weitere Transaktionskosten anfallen, lohnt es sich wahrscheinlich eher in eine 60 Quadratmeter große Wohnung zu investieren, als in eine 35 Quadratmeter große Wohnung. Also bei einer Größe von 60 Quadratmetern ergäbe das einen Bruttokaufpreis von etwa 60.000€. Hinzu kommen noch Kaufnebenkosten, die sich größtenteils aus Steuern, Notarkosten und Maklerprovision zusammen setzen. Also landen wir insgesamt vielleicht bei 67.000€, die wir aufbringen müssen. Inzwischen versuchen die Banken schon so verzweifelt Kredite an den Mann zu bringen, dass sogar eine Vollfinanzierung – also ganz ohne Eigenkapital – durchaus möglich ist. Wenn man dementsprechend die Summe von 67.000€ bei aktuellen Konditionen und guter Bonität vollfinanzieren würde und eine maximale Zinsbindung von 20 Jahren mit Volltilgung festlegt, dann kann man mit Raten von ca. 350€ im Monat rechnen. Im Klartext heißt das, dass im konkreten Beispiel nach 20 Jahren die Immobilie komplett abbezahlt ist und dass die Raten definitiv konstant bei 350€ liegen. Wir haben also im Vergleich zum Eigenheim mit der weitaus größeren Laufzeit eine gewisse Planungssicherheit.
Einmal Miete bitte!
Nun könnte man diese Eigentumswohnung natürlich vermieten. Das bringt in Magdeburg aktuell ca. 6€ pro Quadratmeter. Bei unserer Wohnung entspräche das monatlichen Mieteinnahmen von 360€. Die Mieteinnahmen würden daher knapp ausreichen, um unsere Raten zu finanzieren. Allerdings darf man nicht vergessen, dass natürlich noch Instandhaltungskosten und weitere Kostenpositionen (z.B. Versicherungen und Steuern) anfallen, die unseren Verdienst schmälern. Aber selbst wenn wir monatlich 150€ „aus eigener Tasche“ finanzieren müssten, dann hätten wir kalkulatorisch nach 20 Jahren 36.000€bezahlt. 36.000€ für eine Wohnung, die heute schon 60.000€ Wert ist. Da Immobilienpreise tendenziell eher steigen oder zumindest konstant bleiben, wäre das aus meiner Sicht ein gutes Investment. Zudem muss man bedenken, dass Immobilien gegen Inflation schützen, bzw. die Inflation Investoren sogar in die Karten spielt. Bei steigender Inflation steigen meistens auch die Mieten und die Löhne. Das heißt vielleicht zahlt der Mieter nach 10 Jahren nicht mehr 360€Miete, sondern 450€. Unsere Darlehensrate bleibt aber konstant, da wir eine 20jährige Zinsbindung vereinbart haben… Da schon nach 10 jähriger Haltedauer Gewinne aus Immobilienverkäufen steuerfrei sind, hätten wir also bei konstanten Immobilienpreisen schon einen Gewinn von 60.000€ – 36.000€ = 24.000€. Natürlich gibt es aber auch hier gewisse Risiken, wie beispielsweise unzuverlässige Mieter, hohe Instandhaltungskosten oder eine negative Entwicklung der Immobilienpreise. Es lohnt sich aber in jedem Fall sich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Mir persönlich haben dabei die Bücher von Gerald Hörhan (derInvestmentpunk) und Thomas Knedel viele gute Hinweise gegeben, von denen ich sehr profitiert habe.