Aktienhandel im Wandel: Vom Parkett zu innovativen Fintechs*

Vielleicht habt ihr viele ältere Menschen schon einmal sagen gehört, dass früher alles besser war. Meist bezieht sich das auf vermeintlich angenehmere Arbeitsbedingungen, mehr soziale Absicherung, billigere Preise und bessere Umgangsformen. Wahrscheinlich bin ich noch nicht alt genug, um da mitreden zu können, denke aber, dass es in jedem Fall einige Dinge gibt, die im Laufe der Jahre besser geworden sind. Eine Sache, die sich in jedem Fall verbessert hat, ist der Zugang zu Informationen und die entsprechende Informationstechnik. Während Warren Buffet (geboren 1930) seine ersten Aktienkäufe sicher noch ganz „klassisch“ durchgeführt hat, gibt es inzwischen an vielen Börsen den Parketthandel gar nicht mehr. Stattdessen wird in unserer digitalisierten Welt fast alles am Computer abgewickelt – natürlich auch der Aktienhandel.

Die Digitalisierung hat zu einer Liberalisierung des Aktienhandels beigetragen

Das Zeitalter der Digitalisierung hat den Aktienhandel nicht nur stark vereinfacht, sondern auch liberalisiert! Vor dem Zeitalter des Internets, war der Aktienhandel nur einem relativ kleinen Personenkreis zugänglich. Wer nicht über genug Ressourcen, wie z.B. Zeit, Bildung, Informationen und Kapital verfügte, der konnte nur schwer von der Entwicklung an den Kapitalmärkten teilhaben. Das hat sich in den letzten Jahren dramatisch geändert! Die Kapitalmärkte sind inzwischen einer breiten Masse zugänglich, sodass im Prinzip jeder an der Börse aktiv werden kann. Betrachtet man die Berufsstruktur der Aktienbesitzer in Deutschland, dann fällt schnell auf, dass es in nahezu allen Berufsgruppen Investoren gibt (siehe Abbildung 1). Natürlich ist es so, dass einige Berufsgruppen stärker vertreten sind als andere, aber grundsätzlich steht der Weg an die Börse jedem frei, der sich für die Thematik interessiert.

Abbildung 1: Aktionäre nach Berufsgruppen in Deutschland 2015 (Quelle: Statista)
Abbildung 1: Aktionäre nach Berufsgruppen in Deutschland 2015 (Quelle: Statista)

 

Online Broker bieten unkomplizierten Zugang zu den Kapitalmärkten

Ein Faktor, der erheblich zur wachsenden Beliebtheit von Aktieninvestments in Deutschland beigetragen hat, ist die wachsende Popularität von Online Brokern. Wer Aktien handeln möchte, der benötigt ein Depot und einen Broker, also einen Finanzdienstleister, der die Wertpapierordern von Anlegern entgegen nimmt und in deren Auftrag an den Handelsplätzen umsetzt. Bei Privatanlegern ist es oft so, dass das Depot und das Brokerage vom selben Anbieter übernommen wird. Während früher die Anweisungen ganz klassisch, also persönlich, telefonisch oder per Fax übermittelt wurden, geschieht dies heute meist über das Internet. Inzwischen erledigen 59% der Deutschen ihre Bankgeschäfte online (siehe Abbildung 2). Im weltweiten Vergleich bewegen wir uns dabei dennoch lediglich im Mittelfeld. Spitzenreiter sind hier die Norweger, von denen 93% der Bevölkerung das Internet für ihre Bankgeschäfte nutzen.

Abbildung 2: Anteil der Nutzer von Online Banking in Deutschland von 2006 bis 2018 (Quelle: Statista)
Abbildung 2: Anteil der Nutzer von Online Banking in Deutschland von 2006 bis 2018 (Quelle: Statista)

 

Bank ist nicht gleich Bank…

Zwar bietet nahezu jede Bank ihre Dienstleistungen auch online an, aber trotzdem gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern. Ich persönlich habe mein erstes Konto bei einer genossenschaftlich organisierten Bank eingerichtet. Das erschien mir logisch, da es sich um die Hausbank meiner Eltern handelte. Der große Vorteil einer solchen Bank ist, dass es ein bundesweites Filialnetz gibt und Anliegen dementsprechend vielerorts persönlich vorgetragen werden können. Das kann für manche Kunden sehr angenehm sein – insbesondere für diejenigen, die ihre Bankgeschäfte nicht online abwickeln. Der Nachteil dabei ist, dass der Unterhalt für ein solches Filialnetz ziemlich kostspielig ist, da Mitarbeiter, Mieten und sonstige Kostenpositionen bezahlt werden müssen. Hinzu kommt, dass die gesamte Bankenbranche sehr unter der lang anhaltenden Niedrigzinsphase leidet und dadurch auch nur mäßige Gewinne erwirtschaftet. Die Auswirkungen sind auch für die Kunden spürbar, da die hohen Kosten beispielsweise durch Kontoführungsgebühren an den Kunden weitergegeben werden. Aus der Sicht von Privatanlegern kommt außerdem hinzu, dass die Gebühren für den Aktienhandel vergleichsweise hoch sind und so die Rendite mindern können.

Direktbanken setzen auf moderne Kommunikationsmittel statt Filialen

Als Gegenentwurf zu den klassischen Filialbanken erfreuen sich daher sogenannte Direktbanken einer immer größer werdenden Beliebtheit. Direktbanken sind in diesem Zusammenhang Banken, die über kein eigenes Filialnetz verfügen. Der Kunde kann also nicht persönlich bei der Bank vorstellig werden, sondern nur mittels Kommunikationsmedien wie Telefon oder Internet mit seiner Bank in Kontakt treten. Für einige Kunden kann das ein Nachteil gegenüber Filialbanken sein. Für viele Nutzer ist es das jedoch nicht – ganz im Gegenteil! Der größte Teil der Kunden führt inzwischen ohnehin seine Bankgeschäfte online durch. Es ist auch so, dass Direktbanken zumeist über hervorragende Benutzeroberflächen und Systeme verfügen, die für den Anwender leicht verständlich und zugleich hoch performant sind. Persönlich empfinde ich den Onlineauftritt von Direktbanken oft deutlich fortschrittlicher, als bei klassischen Filialbanken. Der größte Vorteil von Direktbanken besteht meiner Meinung jedoch in der Tatsache, dass die günstigeren Kostenstrukturen auch an den Kunden weitergegeben werden. Es kommt beispielsweise häufig vor, dass Girokonten und Wertpapierdepots sogar kostenlos angeboten werden. Ich selbst nutze für meine alltäglichen Bankgeschäfte daher die DKB (zweitgrößte Direktbank in Deutschland, siehe Abbildung 3). An der DKB schätze ich besonders, dass ich eine kostenlose Kreditkarte bekomme, mit der ich an nahezu jedem Geldautomaten weltweit kostenlos Bargeld abheben kann. Das ist mir sehr wichtig, da ich oft verreise. Zudem fallen bei der Benutzung der Kreditkarte im Ausland keine zusätzlichen Gebühren an, was für mich entsprechend ein großer Vorteil ist.

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Abbildung 3: Größte Direktbanken Deutschlands nach Anzahl der Kunden im Jahr 2018; Quelle: Statista
Abbildung 3: Größte Direktbanken Deutschlands nach Anzahl der Kunden im Jahr 2018; Quelle: Statista

 

Das Girokonto und das Wertpapierdepot müssen nicht unbedingt vom selben Anbieter sein

Obwohl ich für die alltäglichen Bankgeschäfte auf die DKB vertraue, habe ich mein erstes Wertpapierdepot bei der Comdirect eröffnet. Die Comdirect ist (gemessen an der Anzahl der Kunden) ebenfalls eine der größten Direktbanken in Deutschland. Entschieden habe ich mich damals für diese Bank, weil dort keine Depotführungsgebühren anfielen und auch weil die Benutzerfreundlichkeit des Webauftritts sehr positiv war. Gerade um die ersten Schritte an der Börse zu wagen, war es auch rückblickend eine gute Wahl. Gut gefallen hat mir auch, dass zu den meisten Aktien von der Comdirect bestimmte Kennzahlen bereitgestellt worden sind. Sofern man sich für eine Aktie interessiert, kann man also bei der Comdirect viele relevante Informationen (wie z.B. das KGV) finden, ohne die Homepage verlassen zu müssen. Auch die Bereitstellung von Unterlagen für das Finanzamt (Jahressteuerbescheinigung) erfolgt dort unkompliziert und sehr zuverlässig. Abgerundet wird das Ganze durch ein relativ großes Angebot von ETFs, die kostenlos bespart werden können, wovon ich auch regelmäßig Gebrauch mache.

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Fintechs revolutionieren den Markt und fokussieren sich auf das Kerngeschäft

Mit der Comdirect bin ich nach wie vor sehr zufrieden, dennoch habe ich mich im Sommer 2019 dazu entschlossen noch ein weiteres Depot zu eröffnen – und zwar bei Trade Republic! Nun wird man sich wahrscheinlich fragen, warum man ein weiteres Depot eröffnen sollte, wenn man mit seinem „alten“ Anbieter doch zufrieden ist… In meinem Fall liegt die Antwort in der Kostenstruktur beider Anbieter. Trade Republic ist ein relativ junges Fintech, welches 2019 die Lizenz als Wertpapierhandelsbank erhalten hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Direktbanken, fokussiert sich Trade Republic komplett auf den Wertpapierhandel. Dinge, die dabei nicht zum direkten Kerngeschäft zählen (aber trotzdem notwendig sind) werden durch kostengünstige Kooperationen clever umgesetzt. Wer bei Trade Republic beispielsweise Geld einzahlen möchte, wird dies auf einem Verrechnungskonto tun, welches eigentlich der solarisBank gehört. Die solarisBank wiederum ist eine innovative banking-as-a-service Plattform mit deutscher Vollbanklizenz.

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Bei einigen Anbietern ist das Depot innerhalb weniger Minuten eröffnet

Das hört sich vielleicht zunächst einmal kompliziert an, ist es aber nicht. Ganz im Gegenteil, von der Depoteröffnung bis hin zum Aktienhandel ist die Bedienung von Trade Republic wirklich kinderleicht! Nachdem man die App auf dem Handy installiert hat und das Registrierungsverfahren durchlaufen hat, ist man quasi schon nach nur 10 Minuten einsatzbereit und das Depot ist eröffnet. Ich selbst habe es getestet und bin wirklich begeistert! Nun aber zurück zu dem eigentlichen Grund, warum ich mir ein weiteres Depot zugelegt habe: den Kosten. In letzter Zeit habe ich viele Einzelaktien gehandelt. Nach jedem Handel (Kauf oder Verkauf) erhält man von seinem Depotanbieter eine Abrechnung. Zur Illustration findet Ihr in Abbildung 4 eine meiner Abrechnungen von der Comdirect und in Abbildung 5 zum Vergleich eine Abrechnung von Trade Republic. Bitte versteht das nicht als Kaufempfehlung, es geht hier rein um die Kosten beim Aktienhandel!

Abrechnung Trade Republic

Abbildung 4: Beispielhafte Abrechnung beim Kauf einer Einzelaktie bei der Comdirect (01.08.2019)

Abbildung 5: Beispielhafte Abrechnung beim Kauf einer Einzelaktie bei Trade Republic (02.01.2020)
Abbildung 5: Beispielhafte Abrechnung beim Kauf einer Einzelaktie bei Trade Republic (02.01.2020)

 

Auch bei Direktbanken können sich die Kostenstrukturen erheblich unterscheiden

Wenn man die beiden Abrechnungen vergleicht, dann fällt auf, dass sich die Kosten doch erheblich unterscheiden. Obwohl ich die Kosten bei der Comdirect nie als unfair oder zu hoch empfunden habe, ergibt sich doch ein signifikanter Unterschied. Natürlich vergleicht man ein Stück weit „Äpfel mit Birnen“, aber auf der einen Abrechnung schlagen 13,41€ zu Buche, auf der anderen lediglich 1,00€ Fremdkostenzuschlag. Zuletzt habe ich also meine Aktien primär bei Trade Republic gehandelt, besitze aber weiterhin mein Comdirect Depot und bin dort ebenfalls hoch zufrieden. In erster Linie bespare ich dort jedoch meine Sparpläne. An dieser Stelle sei jedoch erwähnt, dass Trade Republic aus meiner Sicht auch Nachteile gegenüber anderen Banken hat. Zum einen ist es so, dass das Depot nur per Smartphone bedient werden kann. Am Rechner können bisher also keine Aktien gehandelt werden. Wen das stört (mich nicht), der könnte sich nach Alternativen umsehen. Außerdem findet man bei Trade Republic kaum Kennzahlen zu den Aktien, für die man sich interessiert. Das heißt, dass man vor dem Aktienkauf (wenn man sich denn dafür interessiert) auf anderen Wegen (z.B. Finanzportale im Internet) über KGV und Co. informieren sollte. Auch ist möglicherweise gegenüber anderen Banken die Anzahl von handelbaren Wertpapieren geringer. Die gängigen Wertpapiere sind jedoch natürlich handelbar! Meine Empfehlung wäre auf jeden Fall es einmal selbst auszuprobieren und sich ein Bild über den Anbieter zu machen.

Fazit: Früher war nicht alles besser – beim Aktienhandel gab es viele positive Entwicklungen

Vielleicht ist es tatsächlich so, dass früher vieles besser war. Im Hinblick auf den Aktienhandel muss ich jedoch sagen, dass ich finde, dass sich dieser durchaus positiv entwickelt hat. Während früher der Handel mit Aktien einer relativ kleinen Personengruppe vorbehalten war und es zahlreiche Hürden zu überwinden galt, ist der Zugang zum Markt heute viel liberaler. Informationen sind weltweit für jedermann schnell und (oft) kostenlos verfügbar. So können beispielsweise leicht Geschäftsberichte gelesen oder Statistiken analysiert werden. Auch der Handel selbst ist viel weniger kompliziert geworden, als es in der Vergangenheit der Fall war. Die Konsequenz daraus ist, dass Aktionäre nun in nahezu allen Berufsgruppen und sozialen Schichten zu finden sind. Das empfinde ich persönlich als riesengroßen Mehrwert! Mit Blick auf die Auswahl des Depotanbieters sei gesagt, dass es dort viele Broker gibt, die sehr zu empfehlen sind. Wer nicht unbedingt den persönlichen Kontakt in einer Filiale benötigt, der fährt wahrscheinlich mit einer Direktbank am besten. In dem Bereich gibt es eine Menge etablierter Anbieter mit günstigen Kostenstrukturen und gutem Service. In letzter Zeit drängen jedoch auch immer mehr neue und innovative Fintechs in den Markt, die unter Umständen sogar noch günstiger sind, als die bereits etablierten Direktbanken. Wer sehr kostenbewusst beim Aktienhandel ist, für den könnten auch diese Anbieter durchaus interessant sein. Ich bin gespannt, wie sich der stärker werdende Wettbewerb zwischen den Banken auf den Kunden auswirken wird. Es bleibt jedoch anzunehmen, dass Wettbewerb das Geschäft belebt.

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